Moderner Technikjournalismus: Aufklären, Einordnen, Bewerten

Der Technikjournalismus geht neue Wege der Professionalisierung. Beim TELI Jour fixe im Münchner Presseclub stellte Professor Andreas Schümchen Ende Januar 2012 den Studiengang an der Hochschule Bonn Rhein Sieg vor. „Wir bilden die künftige Journalistengeneration am Beispiel der Technik aus“, erklärte er und füllen damit ein großes Defizit.

TELI-Vorsitzender Hanns-J. Neubert und Professor Andreas Schümchen

Der Studiengang „Technikjournalismus/PR“ vermittelt das journalistische Handwerk zusammen mit den Naturwissenschaften (Mathematik, Physik), Maschinenbau und Elektrotechnik. Das ist in dieser Kombination weltweit einzigartig. Das Studium ist breitbandig angelegt. Es bildet in Print, Radio, TV und Online aus und greift auf eine eigene Lehrredaktion zurück. Sie kooperiert mit namhaften Medien wie WDR und Spiegel online.

Nach sieben
Semestern, gepuffert von einem Praxissemester sowie praktischem Existenzgründer-Knowhow, erfolgt der Masterabschluss. Von den jährlich etwa 100 Anfängern schaffen es die Hälfte bis zur Ziellinie. „Journalisten mit profunden Technikkenntnissen haben gute Chancen in den Publikumsmedien“, sagte der gelernte Journalist über den Berufseinstieg der Absolventen. Technikversierte Kollegen sind gefragt, von Lokalredaktionen bis zu den Radiosendern.

Viele Anfragen kommen von den Fachmedien. „Händeringend suchen sie ihre Stellen zu besetzen“, berichtete der Journalistenausbilder, was der Nachwuchs noch gar nicht erkannt habe. In Deutschland gibt es 3800 Special Interest Zeitschriften. In ihre Vielfalt kann man bei VG Wort hineinschnuppern. Hier warten viele Aufträge, wie auch die TELI bei ihrer Veranstaltung „Der Print-Goldrausch – Finden Sie Ihre Nuggets!“ auf der WissensWerte 2011 herausstellte.

TELI-Mitglieder im Münchner PresseClub

Der moderne Technikjournalismus muss nicht nur diese Nischen besetzen, sondern sich auch um einen „Querschnittsblick“ bemühen, riet Schümchen. Wer über Technik schreibt, sollte sie nicht allein gut erklären, sondern muss sie auch bewerten und einordnen können. Beides haben Technikjournalisten vernachlässigt. Sie übernehmen oft schwer verstehbaren Fachjargon und sind zu euphorisch in der Darstellung.

„Je mehr Journalisten von Technik etwas verstehen, desto fundierter wird die Kritik“, erklärte der TELI-Gast. Diese Art von Aufklärung sei der beste Weg, den Menschen die weit verbreitete Angst vor Technik zu nehmen.

Der Studiengang
im Rheinland bildet auch für die PR-Arbeit aus. Das sieht Schümchen „unideologisch“, womit er auf Widerspruch stieß. Arno Kral, Vorstandsmitglied der TELI Süd, sieht in der zunehmenden Vermischung von Journalismus und PR eine Bedrohung der Demokratie. Journalisten als unabhängige vierte Macht seien unverzichtbar für ihr Funktionieren.

Vorstandsmitglied TELI Süd Arno Kral und der Technikjournalisten-Ausbilder

Pragmatischer und grundsätzlicher sah das Alex Gerber, Vorstandsmitglied der TELI Berlin-Brandenburg. Vielen Kollegen bliebe nur die Öffentlichkeitsarbeit, nachdem die Universitäten zu viele Journalisten ausbildeten und die Medien immer weniger einstellten.

Zudem wächst die maschinelle Konkurrenz, sagte Gerber. Suchmaschinen werden als Rechercheure immer smarter. Sportreporter-Roboter ließen sich mittlerweile von Journalisten aus Fleisch und Blut nicht mehr unterscheiden. Deshalb stelle sich für Journalisten die grundsätzliche Frage, so Gerber:

Wie lange sind wir überhaupt noch nötig?

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4 Gedanken zu “Moderner Technikjournalismus: Aufklären, Einordnen, Bewerten

  1. Guter Tipp — nach dem Motto: So brechen die Graswurzeln das Google-Monopol! Was ist eigentlich mit Bing?? Sieht man immer haeufiger, ich find die Suchertraege ein bisschen dünn!!!

  2. Ja, seit Google vor einem Jahr auf Panda umgestellt hat, bekomme ich immer nur die Seiten angeboten, die ich sowieso schon kenne. Dabei suche ich doch gerade das was ich noch nicht kenne.

    Empfehle die Metager-Meta-Suchmaschine der Uni Hannover: . Dort bei den persönlichen Einstellungen das Häkchen von Google entfernen.

  3. Stimmt, beim Google-Ranking erscheint der gestern eingegebene Beitrag heute an vierter Stelle — das ist gewiss ein Erfolg! :)) Was aber mit dem Hinweis auf die Suchmaschinen-Intelligenz gemeint ist. Immer haeufiger erhaelt der Rechercheur ein auf sein persoenliches Such-Profil zugeschnittenes Ergebnis. 🙁 Zudem schaffen es große Unternehmen, durch raffinierte“Ver-Tag-gung“ (für die sie hochspezialisierte Fachkraefte einstellen) ihre Produkte, Interessen systematisch hochzustufen. :(( Eine relativ objektive Recherche, wie früher an den Zettelkaesten, ist damit passé — Informationsfreiheit und Demokratie leiden! :(((

  4. >>Suchmaschinen werden als Rechercheure immer smarter<<

    Die Suchmaschinen oder diejenigen, die ihre Inhalte so in's Web stellen, dass diese bei Google & Co an vorderen Positionen auftauchen?

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