Robert-Jungk-Jahr 2013 würdigt Wissenschaftsdebatte

by Wolfgang Goede | 6. Mai 2013 22:06

Die Wissenschaftsdebatte war Thema auf einer Veranstaltung der Robert-Jungk-Bibliothek für Zukunftsfragen JBZ in Salzburg. Sie beging den 100. Geburtstag des Wissenschaftsjournalisten und Zukunftsforschers Robert Jungk mit der Tagung „Kunst der Partizipation“. Moderatoren der von Jungk erfundenen Zukunftswerkstätten gingen der Bürgerbeteiligung und ihrem aktuellen Status in Theorie und Praxis nach.

Höhepunkt waren am Samstag, dem 4. Mai 2013, elf über die ganze Stadt verteilte Partizipationsbühnen. Die Ergebnisse wurden am Abend vor Bürgern und Vertretern der Stadt Salzburg im Schloss Mirabell präsentiert. Sie sprachen eine ganze Bandbreite von Problemen in der Mozartstadt an und legten Lösungen vor, die zusammen mit den Einwohnern gefunden worden waren, etwa: Wie der Ort kinderfreundlicher wird, wo Touristen der Schuh drückt, wie Senioren selbstbestimmt altern, welchen Beitrag die Kunst zu Ermutigungs- und Ermächtigungsstrategien der Bürger leistet.

Bei all dem ging es um eine lebhaftere Beteiligung der Menschen am gemeinschaftlichen Leben wie auch ihrem eigenen. Dieses Feld hatte Zukunftsmoderator Reinhard Sellnow zuvor in einem Impulsreferat abgesteckt. Die repräsentative Demokratie sehe Beteiligung nicht vor. Dafür wähle der Bürger einen Parteienvertreter seines Vertrauens. Weil das oft nicht funktioniere, haben sich Partizipationsformen durchgesetzt, vom Runden Tisch, über Open Space bis zu E-Formaten. Sie dürfen, so Sellnow, keiner „Akzeptanzbeschaffung“ dienen, sondern „auf beiden Seiten muss für gleich lange Spieße“ gesorgt werden.

Trotz bester Absichten steckt diese Partnerschaft in Konflikten. Im „Experten-Laien-Dilemma“ stehen die Prioritäten der Laien oft den längerfristigen Plänen der Experten entgegen. Es eskaliert, beobachtete Sellnow, zu einem Eigeninteresse-Gemeinwohlinteresse-Gegensatz (NIMBY: Not In My BackYard).

In einem World-Café spielten die Teilnehmer die Herausforderungen der Partizipation an zehn Thementischen durch. Eine Erziehungen, die zum Sich-Einmischen ermutigt, in Familien, Schule, Arbeitspatz, muss dem Menschen die Angst vor Einmischung nehmen. Dem „Ich-Wir-Paradoxon“ wurde der regelmäßige Perspektivwechsel gegenübergestellt. Und: Partizipation lebt auch von Führung. Nicht alles ist partizipativ lösbar.

Während der Tagung blitzte immer wieder der Jungk’sche Geist durch. Er wurde als innovativer und beherzter Mensch mit viel Zivilcourage gewürdigt, ein früher Warner vor der Atomenergie und technologischen Exzessen, Vordenker des Umweltschutzes und der Energiewende, Begründer des Sonnenzeitalters und alternativer Energien, letztendlich ein Vorbild für die Gestaltung der Zukunft und des Überwindens des Schweigens zwischen Zivilgesellschaft und Forschung.

Bereits vor der Tagung hatte JBZ-Leiter Dr. Walter Spielmann die Wissenschaftsdebatte gewürdigt als ein Anliegen, welches dem „Anliegen Robert Jungks“ folgt. Sie ziele darauf ab, in Jungks Sinne “Betroffene zu Beteiligten zu machen” und verdiene breite, auch kritische Reflexion. Er, Spielmann, und seine Mitstreiter würden sich freuen, wenn diese Diskussion im Rahmen des Robert-Jungk-Jahres 2013 intensiviert und öffentlich gemacht würde – „ein zentrales Zukunftsthema!“

Dies geschah am Sonntag nach den Partizipationsbühnen beim gemeinsamen Ausblick der Moderatoren und Tagungsteilnehmer. Eine Zeichnung zeigte die Zivilgesellschaft und wie sie mit den zentralen Einrichtungen unserer Gesellschaft kooperiert. Ihre Beteiligung an der Politik, insbesondere der kommunalen, ist in den letzten 20 Jahren stark gestiegen. Das traditionelle Bindeglied auf dem Gebiet der Arbeit zwischen Bürgern und der Wirtschaft sind die Gewerkschaften. Die schwächeln. Eine neue Art der bürgerschaftlichen Selbsthilfe beim Wirtschaften zielt auf die Gründung von Genossenschaften. So weit, so gut, dann kommt im Bild eine Riesenmauer, dahinter ein Turm. Zwischen den Elfenbeintürmen und Zivilgesellschaft gibt es bisher wenig Dialog. Den will wissenschaftsdebatte.de stiften.

Weitere Information über die Veranstaltungen im Robert-Jungk-Jahr

JBZ: http://www.jungk-bibliothek.at
Zukunftswerkstätten: http://robertjungk100.org/2012/09/12/internationale-zukunftswerkstatten-tagung-kommt-nach-salzburg/
Partizipationsbühne Wer (nicht) mitmacht, kommt (nicht) vor: http://www.facebook.com/media/set/?set=a.644808068867226.1073741837.179776442037060&type=1

Source URL: http://www.wissenschaftsdebatte.de/?p=3221