Krautreporter Löfken: Energiewende ist machbar!

Der neueste IPCC Report gibt keine Entwarnung beim Klimaschutz – im Gegenteil: Die Menschheit sollte fossile Brennstoffe so schnell wie möglich ersetzen, um die steile Fieberkurve des Planeten abzuflachen. Insofern bleibt die deutsche Energiewende ein Vorbild für den Rest der Welt.

Aber ist
das ehrgeizige Vorhaben bezahlbar, oder zahlt am Ende der Bürger die Zeche? Ist die Versorgung gesichert – oder drohen Blackouts und Importe, die die Stromkosten durch die Decke schießen lassen? Fragen, um deren Beantwortung sich die Energiewendeerfinderin Angela Merkel im Wahlkampf drückte, beantwortete Physikerkollege Jan Oliver Löfken bei einem TELI Jour fixe im Münchner PresseClub.

Der Hamburger Wissenschaftsjournalist, Mitbegründer der Nachrichtenagentur Wissenschaft Aktuell und TELI-Vorsitzender, ist seit Jahren auf Energiethemen spezialisiert. Die Energiewende sei machbar, sagte er, wenn alle Interessengruppen Kompromisse eingingen, „Kröten schlucken“ und miteinander besser zu kooperieren lernten, sich von einem „entweder oder“ zu einem „sowohl als auch“ durchrängen.

Er selber werde auf einer Recherchereise zu 24 Knotenpunkten der Erneuerbaren denselben auf den Puls fühlen: Solar-, Kohle und Geothermie-Kraftwerken, Energiespeichern, der Strombörse und Bundesnetzagentur. Einem Thema selber auf den Grund zu gehen werde heute von den wenigsten Kollegen noch erbracht.

Ob Redakteur oder freier Journalist, die meisten beschafften sich ihre Informationen über den Bildschirm, nachdem Redaktionen immer weniger zur Übernahme von Reisekosten bereit seien, kritisierte der Gast aus der Medienstadt Hamburg. Aus der Ferne lasse sich aber meist nur ein Teil der Wahrheit erschließen, gab Löfken zu bedenken.

Zur Finanzierung seiner Energierecherche hat er ein neues journalistisches Geschäftsmodell ersonnen. Als „Krautreporter“ sammelt er auf seiner Plattform Spenden von Interessierten. Seine Mäzene bezieht Löfken in seine Arbeit ein. „Für eine Prämie kann mir jeder Leser seine Fragen in meinen Rechercheblock schreiben“, sagt er. Für drei Fragen winkt ein Rabatt. Für dieses Paket sind 50 Euro zu entrichten.

Schulen und Bürgerplattformen bedient er mit Vorträgen, die mit 450 Euro entgolten werden. Sie dienen gleichzeitig als Impulse für Bürgerdialoge. Als weiteres Format in seinem Portfolio hat Löfken Energie-Dossiers, „hochkarätige Informationspakete für spezielle Interessengruppen“, was absolute Unabhängigkeit von den Energiekonzernen, der Wirtschaft und Politik verlange, erklärt er.

Er prognostiziert, dass künftig immer weniger Verlage sich angestellte Wissenschaftsjournalisten leisten werden. Die Zukunft liegt in der freiberuflichen Tätigkeit mit auf den Bedarf genau zugeschnittenen Geschäftsmodellen, sagt er.

Sein Krautreportermodell sei eine Antwort auf diese Herausforderung und seine Strategie gegen das drohende Prekariat. In gut einem Monat gewann Löfken 43 Unterstützer mit einem Spendenaufkommen von 3850 Euro. Das reicht, um die Energierecherche nun in die Praxis umzusetzen.

An der Isar kam dieses zupackende Berufsverständnis von der Elbe gut an. Allen, die an der Energiewende wie auch an der Zukunft von Wissenschaftsjournalisten zweifeln mögen, gab die Belgierin Anne-Marie DeJonghe, Mitglied im Münchner PresseClub, eine Botschaft mit auf den Heimweg:

Kein: “ Ja, a b e r “, empfahl der Gast, sondern: “ Ja, o h n e Wenn und Aber “. Das sei die beste Waffe gegen den verbreiteten Pessimismus, Zynismus, Zukunftsangst.

Auf der Bremer Wissenswerten stellen der TELI-Vorsitzende und andere Kollegen ihre Erwerbsmodelle am 25. November bei dem Workshop „Selbstvermarktung für Freie Journalisten“ zur Diskussion.

LINKS:
www.krautreporter.de/energiereporter
http://energiereporter.com
www.facebook.com/energiereporter
www.twitter.com/energiereporter, Hashtag: #ereporter13

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2 Gedanken zu “Krautreporter Löfken: Energiewende ist machbar!

  1. TELI-Vorsitzender Jan Oliver Löfken hat sein Krautreportermodell auf der WissensWerten 2013 vorstellt. Titel: „Nicht heulen, sondern machen – Selbstvermarktung freier Journalisten und neue Finanzierungsformen“. Hier Auszüge aus seinem Bericht an die TELI-Mitglieder, der auch andere Marketing-Innovatoren einbezieht:

    Das Projekt “Energiereporter”, mit Unterstützung einer Crowdfunding-Ausschreibung und Fördermitteln der Robert-Bosch-Stiftung ist bereits online. 24 Energieorte wird der Energiereporter bis Anfang Mai 2014 aufsuchen und diese in reich bebilderten Reportagen erläutern. Auch die TELI profitiert von diesem Projekt, da ihre Mitglieder einen Leitfaden bzw. Arbeitsdossier für diese Art von Reportage-Journalismus erhalten werden. Jede und jeder soll für seine/ihre Themen zu Nachahmen der Idee motiviert werden. Gerne stehe ich für Detailfragen zur Verfügung.
    Aufbauend auf den Erfahrungen des “Energiereporters” könnte unter dem Dach der TELI ein Sammelportal für solche Reportage-Projekte entstehen. Inhaltliche und strukturelle Unterstützung beim Aufbau der entsprechenden Webportale seitens der TELI sind vorgesehen. Bitte fragen Sie dazu einfach bei mir nach Mail: loefken@energiereporter.com

    Jakob Vicari, Gründungsmitglied der Freischreiber und etablierter Wissensautor, gab wertvolle Tipps für ein stärkeres Selbstbewusstsein freier Wissens- und Technikjournalisten. Er räumte mit dem Vorurteil auf, dass Journalisten keine PR machen dürften. Denn Freiberufler sind schlicht auf diese lukrativen Aufträge (Honorarrichtlinie: dreifacher Satz im Vergleich zu journalistischen Aufträgen!) angewiesen, um bei spärlichen Honoraren der Verlage überhaupt überleben zu können. Allerdings sollte PR und Journalismus streng getrennt, eine Vermischung und journalistische Arbeiten im gleichen Themengebiet wie den der PR-Aufträge vermieden werden. Transparenz über die PR-Aufträge sei etwa auf einer persönlichen Webseite sehr zu wünschen. Überhaupt sollten freie Journalisten viel selbstbewusster mit ihren Werken umgehen und diese durchaus auf eigenen Seiten zusätzlich veröffentlichen. Das stärke die eigene Marke. Vicari forderte eindringlich die Stärkung der Freien als “Unternehmerjournalisten”. Alle Aspekte kann die TELI nur unterstreichen und wird jedes Mitglied, das eine Idee zur Vermarktung ohne klassische Verlage anstrebt, gerne unterstützen. Weitere Hilfestellungen für unsere Mitglieder sind in Vorbereitung.

    Denis Dilba und Georg Dahm, zwei Ex-New-Scientist-Redakteure, stellten ihr ambitionierten Projekt für tief recherchierten Wissensjournalismus in langen Geschichten vor. Unter dem Namen “Substanz” werden die beiden ab Februar 2014 ihr rein digital ausgelegtes Bezahl-Digitalmagazin auf den Markt bringen. Gute Autoren sind gesucht und können die Redaktion hier erreichen: http://www.failbetter.biz

  2. Ich will mich nicht zu der Finanzierung der Recherchereise von Jan Oliver Löfken äußern, aber was Wolfgang Goede als Begründung dafür vorbringt, treibt mich auf die Palme. Mit Blick auf den neuen IPCC-Report sagt er, die deutsche Energiewende sei ein Vorbild für den Rest der Welt. Sie zeige, wie die Menschheit möglichst schnell von den fossilen Energiequellen loskomme. Allein diese Anmaßung, Deutschland und der Rest der Welt. Meiner Ansicht nach ist die deutsche Energiewende vielmehr ein abschreckendes Beispiel dafür, wie man es nicht machen soll.

    Wenn man Klimaschutz Ernst nimmt, kann man nicht gleichzeitig eine wichtige CO2-freie Energiequelle, die Atomenergie, mit einem Mal kategorisch von der weiteren Nutzung ausschließen, wie es die Kanzlerin nach Fukushima getan hat. Das ist absolut unlogisch. Ausgelöst wurde das Desaster bekanntlich durch zwei Faktoren, einen verheerenden Tsunami und die Platzierung der Kernkraftwerke unmittelbar an der Küste. Beides ist in Deutschland nicht gegeben. Auch sonst hat die Reaktorkatastrophe keine Einsichten geliefert, die zu einer neuen erhöhten Risikobewertung der deutscher Atomkraftwerke führen müsste. Somit gab und gibt es keine wissenschaftlich-technisch Begründung für den überstürzten Ausstieg.

    Ein noch größeres Übel ist das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Die Milliardenausgaben für Strom aus Sonne, Wind und Biogas haben den CO2-Ausstoß in Europa um keinen Deut verringert, da die in Deutschland vermiedenen CO2-Emissionen infolge des europäischen Emissionshandels anderweitig freigesetzt werden. Der Nutzen für den Klimaschutz ist also gleich Null. Das ist schon schlimm genug, aber zudem unterminiert der ungebremste Ausbau von Photovoltaik und Windkraft noch die Stabilität des Stromnetzes, den Lebensnerv unserer technischen Zivilisation.

    Meiner Meinung nach geht es nicht darum, ob die Energiewende machbar ist. Sie ist von Grund auf falsch konzipiert. Darüber wird in der TELI zu wenig diskutiert.

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