Krautreporter Löfken: Energiewende ist machbar!

by Wolfgang Goede | 28. September 2013 18:45

Der neueste IPCC Report gibt keine Entwarnung beim Klimaschutz – im Gegenteil: Die Menschheit sollte fossile Brennstoffe so schnell wie möglich ersetzen, um die steile Fieberkurve des Planeten abzuflachen. Insofern bleibt die deutsche Energiewende ein Vorbild für den Rest der Welt.

Aber ist
das ehrgeizige Vorhaben bezahlbar, oder zahlt am Ende der Bürger die Zeche? Ist die Versorgung gesichert – oder drohen Blackouts und Importe, die die Stromkosten durch die Decke schießen lassen? Fragen, um deren Beantwortung sich die Energiewendeerfinderin Angela Merkel im Wahlkampf drückte, beantwortete Physikerkollege Jan Oliver Löfken bei einem TELI Jour fixe im Münchner PresseClub.

Der Hamburger Wissenschaftsjournalist, Mitbegründer der Nachrichtenagentur Wissenschaft Aktuell und TELI-Vorsitzender, ist seit Jahren auf Energiethemen spezialisiert. Die Energiewende sei machbar, sagte er, wenn alle Interessengruppen Kompromisse eingingen, „Kröten schlucken“ und miteinander besser zu kooperieren lernten, sich von einem „entweder oder“ zu einem „sowohl als auch“ durchrängen.

Er selber werde auf einer Recherchereise zu 24 Knotenpunkten der Erneuerbaren denselben auf den Puls fühlen: Solar-, Kohle und Geothermie-Kraftwerken, Energiespeichern, der Strombörse und Bundesnetzagentur. Einem Thema selber auf den Grund zu gehen werde heute von den wenigsten Kollegen noch erbracht.

Ob Redakteur oder freier Journalist, die meisten beschafften sich ihre Informationen über den Bildschirm, nachdem Redaktionen immer weniger zur Übernahme von Reisekosten bereit seien, kritisierte der Gast aus der Medienstadt Hamburg. Aus der Ferne lasse sich aber meist nur ein Teil der Wahrheit erschließen, gab Löfken zu bedenken.

Zur Finanzierung seiner Energierecherche hat er ein neues journalistisches Geschäftsmodell ersonnen. Als „Krautreporter“ sammelt er auf seiner Plattform Spenden von Interessierten. Seine Mäzene bezieht Löfken in seine Arbeit ein. „Für eine Prämie kann mir jeder Leser seine Fragen in meinen Rechercheblock schreiben“, sagt er. Für drei Fragen winkt ein Rabatt. Für dieses Paket sind 50 Euro zu entrichten.

Schulen und Bürgerplattformen bedient er mit Vorträgen, die mit 450 Euro entgolten werden. Sie dienen gleichzeitig als Impulse für Bürgerdialoge. Als weiteres Format in seinem Portfolio hat Löfken Energie-Dossiers, „hochkarätige Informationspakete für spezielle Interessengruppen“, was absolute Unabhängigkeit von den Energiekonzernen, der Wirtschaft und Politik verlange, erklärt er.

Er prognostiziert, dass künftig immer weniger Verlage sich angestellte Wissenschaftsjournalisten leisten werden. Die Zukunft liegt in der freiberuflichen Tätigkeit mit auf den Bedarf genau zugeschnittenen Geschäftsmodellen, sagt er.

Sein Krautreportermodell sei eine Antwort auf diese Herausforderung und seine Strategie gegen das drohende Prekariat. In gut einem Monat gewann Löfken 43 Unterstützer mit einem Spendenaufkommen von 3850 Euro. Das reicht, um die Energierecherche nun in die Praxis umzusetzen.

An der Isar kam dieses zupackende Berufsverständnis von der Elbe gut an. Allen, die an der Energiewende wie auch an der Zukunft von Wissenschaftsjournalisten zweifeln mögen, gab die Belgierin Anne-Marie DeJonghe, Mitglied im Münchner PresseClub, eine Botschaft mit auf den Heimweg:

Kein: “ Ja, a b e r “, empfahl der Gast, sondern: “ Ja, o h n e Wenn und Aber “. Das sei die beste Waffe gegen den verbreiteten Pessimismus, Zynismus, Zukunftsangst.

Auf der Bremer Wissenswerten stellen der TELI-Vorsitzende und andere Kollegen ihre Erwerbsmodelle am 25. November bei dem Workshop „Selbstvermarktung für Freie Journalisten“ zur Diskussion.

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