Viel Menge machen!

Die Mengenlehre macht Defizite der Partizipation sichtbar. Ein demokratischer Dialog über Wissenschaft und Technologie sollte Forscher, Politiker und Bürger an den Tisch holen. Tut er aber meist nicht. Die drei Partner haben keinen Kontakt. Sie stehen sprachlos außerhalb des Kommunikationsmöbels und Marktplatzes herum. Der Mathematikus spricht von einer leeren Menge, vulgo: null.

Erst wenn die drei Schlüsselakteure sich derart aufeinander zu bewegen, dass ihre Kreise einander überlappen, entsteht Gemeinsamkeit und Austausch. Es wächst eine Schnittmenge, die umso mächtiger wird, je enger die drei Kerne zusammenrücken. Eigentlich logisch, oder? Nicht in der heutigen Praxis!

Das hilfreiche Mengenbild entwickelten Teilnehmer auf dem 28. Jahrestreffen der Zukunftswerkstätten-ModeratorInnen. Ein Workshop stellte die TELI Wissenschaftsdebatte auf den Prüfstand. Dazu gab es von Moderationsexperten aus Deutschland und Österreich wichtiges Feedback.

Die Ruhe in Schloss Hofen im österreichischen Vorarlberg, weit über den Bodensee leuchtend mit seiner Fassade im warmen Rot (und markantem Doppelzwiebelturm), inspirierte zu Brain-, Heart- & Dream-Storming. Petra Eickhoff von den Kölner Zukunftswerkstätten mauerte dafür ein humanistische Fundament — den kategorischen Imperativ der Zukunftswerkstatt(s)philosophie.

„Jede Art von Partizipation muss bei der Begegnung von Respekt für den Menschen und Bürger sowie gegenseitiger Wertschätzung getragen werden“, verlangte die erfahrene Moderatorin von Kommunikationsprozessen.

Daraus entwickelten sich im diskursiven Pingpong drei wichtige Stichworte: Ethik, Kunst, BürgerInnen in der ersten Reihe.

Gerade bei abstrakten Themen aus Wissenschaft und Technologie müssen die verbindlichen gesellschaftlichen Werte immer wieder aufscheinen. Deshalb sollte bei jeder Wissenschaftsdebatte ein Philosoph, Ethiker oder Soziologe anwesend sein und für die soziale Rückeinbindung forscherischer Befunde sorgen.

Mit den vielfältigen Mitteln der Kunst sollten Wissenschaftsdebatten möglichst spielerisch gestaltet werden. Solche Elemente entlasten, betonen den Charakter der Wissenschaft als ursprünglich künstlerisches Schaffen und nehmen dem Ganzen den oft schwer erträglichen Oberseminarstil.

Um das Primat des Staatsbürgers herauszustreichen, sollte die Dramaturgie so gewählt werden, dass zum Auftakt der Veranstaltung nicht die Experten, sondern Bürgerinnen und Bürger zu Wort kommen. Sie wissen viel besser als die Experten, worauf es ankommt, steuerte Hannes Mathis von kon-text bei, die Erfahrung aus vielen Beteiligungsprozessen.

Mit einem Mengenbild: So ergibt sich eine große Überlappung und daher optimale Schnittmenge aus den Kreisen Wissenschaft, Politik und BürgerInnen. Eine entsprechende Grafik malte Petra Eickhoff auf eine der zahlreichen Stellwände der Veranstaltung (Protokoll siehe ganz unten).

Zukunftswerkstätten gehen auf den Wissenschaftsjournalisten und Futurologen Robert Jungk zurück. Im Mai 2013 wurde in Salzburg sein 100. Geburtstag gefeiert. Ein Jungksches Kernzitat: Forschung ohne Brücken zu Bürgern ist inhuman -> http://www.wissenschaftsdebatte.de/?p=2819

Zukunftswerkstätten bei Xing
https://www.xing.com/net/zwnetz

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