Beeindruckender Weckruf: Vor der Flut

Zehn Jahre nach Al Gores Präsentation und Film „The Inconvenient Truth“ (Unbequeme Wahrheit) wurde es Zeit die Welt erneut aufzurütteln. Jetzt ist es Leonardo DiCaprio, der am 30 Oktober 2016 seinen Film „Before the Flood“ (Vor der Flut) veröffentlichte. Binnen zwei Tagen klickten rund 5,5 Millionen Zuschauer den spielfilmlangen Dokumentarfilm mit seinen beeindruckenden Bildern und Aussagen an.

Alle reden über den Klimawandel. Fast alle wollen etwas dagegen tun. Nach der EuroBarometer-Umfrage von 2016 sehen die Deutschen den Klimawandel immerhin als zweitwichtigstes globales Problem nach Armut.

Aber: Es sind gerade die „Grün“ wählenden und denkenden Bürger, die sich sicherlich auch besonders bei Klimawochen engagieren, die am häufigsten ins Flugzeug steigen[1]. Auch beim Energieverbrauch gibt es Korrelationen: Je höher Einkommen und formale Bildung, umso höher das Umweltbewusstsein, umso höher aber auch der Energieverbrauch – wenn man von einer kleinen Gruppe konsequent Handelnder absieht[4].

Gerade sie sollten sich DiCaprios Film gleich mehrmals ansehen.

CO2 steigt und steigt

2015 stieg der CO2-Ausstoß in Deutschland erneut. Auch wenn es insgesamt immerhin fast 28 Prozent weniger waren als noch 1990. Aber das von der Bundesregierung selbst gesetzte Klimaschutzziel für 2020 – 40 Prozent weniger CO2 gegenüber 1990 – wird wohl verfehlt.

Derweil steckt auch noch der neue „Klimaschutzplan 2050“ in der Bredouille, weil Verkehrs-, Landwirtschafts- und Wirtschaftsministerien offenbar keinen Anlass zum Umdenken sehen.

Rote Linie überschritten

Unbeeindruckt von politischen Rangeleien hat die Atmosphärenchemie dauerhaft eine rote Linie überschritten: Die CO2-Konzentration hat die 400 ppm-Marke überschritten (400 Moleküle pro eine Million anderer Moleküle) – zum ersten Mal seit 25 Millionen Jahren, wie Jelle Bijma vom Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven sagte[2]. Zum Vergleich: Die ersten Vormenschen entwickelten sich erst vor knapp fünf Millionen Jahren.

Und es ist keine Ende abzusehen. 350 ppm galten als „sichere“ Konzentration. Seit der vorindustriellen Zeit stieg die CO2-Konzentration um 120 ppm, die Hälfte davon nach 1980[3].

Nicht kleckern: Klotzen – aber an den richtigen Stellen

Klimawochen und Mülltrennung nützen offenbar wenig. Alle politischen Basteleien übersehen nämlich, mit welcher Geschwindigkeit die Erderwärmung voran schreitet.

Denn die Treibhausgaskonzentrationen nehmen ja nicht ab. Sie können sich höchstens stabilisieren. Dazu ist es sicher kein richtiger Weg, mehr CO2 in die Luft zu blasen, um Solar- und Windkraftanlagen zu bauen. Das CO2, das während der Herstellung und aus aus Zement entweicht, verschwindet ja nicht einfach aus der Atmosphäre, jedenfalls nicht in den nächsten 100 bis 150 Jahren.

Wirklich etwas verändern könnten Weckrufe, wie die von Leonardo DiCaprio, die Millionen von Menschen aufrütteln können und hoffentlich zu einer radikalen Bewegung werden. Denn es geht nicht um Vermeidung oder Ersatz hier und da, es geht um nichts weniger als den Umbau der Wirtschaft – vor allem um den Rückbau des exorbitanten Konsums, von dem auch umwelt- und klimabewusste Menschen offenbar nicht lassen können.


Siehe auch:


Quellen:

  1. BÖCKING, David: Reiseverhalten von Grünen-Wählern: Bahn predigen, Business fliegen, in: Spiegel-online 2014–11–12  ↩

  2. SEEMANN, Daniel: Kohlendioxid-­Gehalt knackt 400-ppm-Marke. Klimaretter-Info 10. Mai 2013  ↩

  3. TANS, Pieter (Leitender Wissenschaftler beim Treibhausgas-Netzwerk der NOAA) in: The Guardian 2015–05–006  ↩

  4. KLEINHÜCKELKOTTEN, Silke, H.-Peter NEITZKE, Stephanie MOSER (2016): Repräsentative Erhebung von Pro-Kopf- Verbräuchen natürlicher Ressourcen in Deutschland. Umweltforschungsplan des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit. TEXTE 39/2016 ↩

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