Wir haben Lösungen, für die wir die Probleme erst noch suchen müssen

Nutzlose Lösung – wo ist das Problem dafür? Bild: Drpixie, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:UselessMachine.png

Ein Kommentar

Wir müssen genau überlegen, für welche Probleme wir technische Lösungen brauchen und für welche nicht.

Die drängendsten gesellschaftliche Probleme sind technisch sowieso nicht lösbar, wie z.B. die Verteilung von Reichtum, die Inklusion aller Menschen oder die Verantwortung gegenüber armen Ländern, für die unser technischer Fortschritt ja Hunger und Ausbeutung bedeutet. Selbst beim größten Problem, dem Schutz des Klimas, wären nicht-technische Lösungen zielführend, wie weniger Konsum, weniger Autofahren und Strom sparen.

Mit den Innovationen ist es doch meist so: Erst wird eine neue Technik entwickelt und erst dann krampfhaft danach gesucht, was man nun damit anfangen soll. Ingenieure sind meist schon glücklich, wenn etwas funktioniert und weniger, wenn es ein Problem löst. Das ist eine Verschleuderung intellektueller Kreativität, wie ich finde.

Technik ist, im Gegensatz zur Wissenschaft, kein Selbstzweck!

Oder?

Dieser Kommentar gehört zu dem Artikel „Auf dem Radar: Diskussion über Technik und Gesellschaft“


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4 Gedanken zu “Wir haben Lösungen, für die wir die Probleme erst noch suchen müssen

  1. Na ja, lieber Hajo, die abfällige Ingenieursdenke nehme ich doch glatt und gern auf. Aus dieser Perspektive ergänze und korrigiere ich das Bild. So hübsch einfach lässt sich die Welt glücklicherweise nicht einteilen: einerseits die schmalsichtigen Techniker und Ingenieure, die nicht über den Platinenrand hinausgucken können und andererseits die großmütigen Kenner der wahren gesellschaftlichen Probleme. Wenn die großmütigen Kenner nicht die Auswirkungen ihrer Lösungsansätze insgesamt sehen, sondern – hübsch verpackt in segensreiche gesellschaftliche Aussichten – auch nur Teilgesichtspunkte berücksichtigen, dann kommt Geschwafel heraus, das ich in der Tat für vergeudete Kreativität halten könnte; aber gut, da müssen wir halt durch …

  2. Lieber Eberhard: Das ist Ingenieursdenke. Hauptsache es funktioniert und erreicht den „gewünschten Effekt“. Aber was ist der „erwünschte Effekt“? Der, den ein Ingenieur sich wünscht, oder der, der zur Lösung gesellschaftlicher Probleme nötig ist?

    Ja, Du magst Recht haben mit der Gefahr von Denkverboten. Aber es soll natürlich jedem unbenommen sein, funktionierende Methoden oder Techniken zu entwickeln. Das kann dann technische Grundlagenforschung sein, die quasi Komponenten für technische Bibliotheken oder Baukästen liefert, in denen sich eines Tages dringend benötigte Teile finden lassen.

    Wogegen ich mich wende, sind die Eigenlobhudeleien bei Forschungsanträgen, die fast alle betonen, dass das, was sie entwickeln wollen, alle Probleme der Menschheit lösen werden (das ist ironisch gemeint!) – und dabei nicht sehen, dass viele Menschheitsprobleme sich technisch nicht lösen lassen. Da hast Du dann völlig Recht: „Wer zu hohe (oder auch unerfüllbare!) Erwartungen setzt (die Technik überfordert) darf sich nicht wundern, wenn er damit scheitert.“

    Zur Anschlussfrage: Ja, Kreativität kann verschleudert werden. Und: Der Arbeitgeber, der Auftraggeber oder Formulierungen in Forschungsprogrammen und Calls bestimmen, wann Du Deine Gehirnzellen verschleuderst. Nur wenige sind finanziell in der Lage, ihren ureigenen kreativen technischen Ideen nachzugehen.

  3. Die Eingangsfrage ist recht gefährlich, weil sie leicht zu Denkverboten führt. Es geht m.E. auch nicht um die „Brauchbarkeit“ technischer Lösungen, sondern viel eher darum, ob sie geeignet sind, allein mit ihnen einen gewünschten Erffekt zu erreichen, und auch darum, welche Nebenwirkungen sie mit sich bringen, und dies sowohl durch die Anwendung wie auch durch die bewusst oder leichtfertig unterlassene Anwendung. Wer zu hohe (oder auch unerfüllbare!) Erwartungen setzt (die Technik überfordert) darf sich nicht wundern, wenn er damit scheitert.
    Anschlussfrage: kann man Kreativität verschleudern? und vor allem: wer bestimmt eigentlich, wann ich meine Gehirnzellen verschleudere. Womit wir wieder bei der Gefahr der Denkverbote wären.

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