Schreiben für’s Internet

by Hanns-J. Neubert | 20. Dezember 2012 12:37

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Schreiben für das Internet geht anders. Nicht zu vergleichen mit Print. Im Web gilt: Teaser statt Lead, Struktur statt Rythmus. Und vor allem Kürze: Lange Texte liest im Internet kaum jemand. Print-Autoren müssen umdenken. Hier ein paar Tipps.

Die meisten Autoren, die hier schreiben, sind gute Journalisten und Autoren – für Printmedien oder gar für Bücher. Im Internet gelten andere Regeln, um Leser einzufangen:

Wie können Web-Autoren diese Lesegewohnheiten für sich nutzen, um ihre Botschaft trotzdem rüberzubringen? Was können sie tun, um mehr gelesen zu werden, damit sich ihre Gedanken und Ideen im Netz ausbreiten?

Themen

Überschrift und Teaser
Lauftext und Struktur
Suchmaschinenoptimierung (SEO)
Links und Fußnoten
Bilder und Videos

Überschrift und Teaser

Überschrift und Teaser sind eine Einheit, die (fast) die gesamte nachfolgende Geschichte erzählen. Die Überschrift sollte einzeilig sein, also nicht umbrechen; keinesfalls länger als 60 Zeichen.

Der zugehörige Teaser muss locken, soll Lust auf mehr machen. So viel Lust, dass der Leser zu einer eigenen Aktion veranlasst wird, nämlich dem Weiterklicken.

Ein Teaser ist kein Lead! Der bei Printmedien übliche Lead muss nicht zu einer Aktivität animieren. Er kann deshalb eher die Zusammenfassung dessen sein, was den Leser beim folgenden Textes erwartet, der ja klar und deutlich auf dem Fuße folgt.

Beim Teaser ist das anders. Sein letzter Satz, die sogenannte Rampe, muss einen Köder für den Leser auslegen. Die meisten Artikel auf Spiegel Online beherrschen diese Technik meisterhaft und sind gute Lehrbeispiele.

Wirkungsvoll ist es, mit Gedankenstrichen und Doppelpunkten Zäsuren zu setzen. Ein Teaser sollte nicht mehr als 300 Zeichen lang sein, wobei Google nur die ersten 160 Zeichen anzeigt. Zeitliche Einstiege (»Vor fünf Tagen …«, »Im vergangenen Jahr …«), Nebensatzanfänge (»Während …«, »Weil …«), oder indirekte Rede sind verboten. Gut als Einstiege eignen sich aber beispielsweise Fragen.

[Lauftext und Struktur …]

Lauftext und Struktur

Der Lauftext erzählt die eigentliche Geschichte von Anfang an. Nichts wird vorausgesetzt, auch nicht die Informationen aus Überschrift und Teaser.

Lauftexte für das Internet sollten kurz sein – mindestens um die Hälfte kürzer als vergleichbare Print-Texte.

Da die Leser üblicherweise nur »scannen«, sollte der Autor ihnen viele, aber dennoch nur wirklich wichtige Haltepunkte anbieten. Dazu gehört es, sehr viel häufiger Absätze einzubauen, als in Zeitungs- oder Magazintexten üblich. Reichlich, aber sinnvoll verteilte Zwischenüberschriften sind Wegweiser, die Gedanken- und Erzählrichtungen anzeigen. Zusätzlich sollten sich Print-Autoren daran gewöhnen, die Informationen für die Leser mehr mit Listen und Tabellen einfach, aber effektiv zu strukturieren.

Auch fette Textauszeichnungen (Tags: <strong>...</strong>) bieten Leseraugen Fixpunkte. Oder, wie hier auf der Wissenschaftsdebatte möglich, gelbe Farbmarkierungen, die Textmarkerstriche imitieren (Tags: [hi]...[/hi]).

Kursive Schrift dagegen sollte man unbedingt vermeiden, da sie in der Regel nicht vernünftig lesbar ist. Sie irrtiert nur und wird normalerweise überlesen. Dass man heute keinen Text mehr unterstreicht, sollte sich inzwischen überall herumgesprochen haben.

Muss es dann doch einmal ein längerer Text sein – mehr als ungefähr 2.000 Zeichen – dann sollte er unbedingt in mehrere Seiten umbrochen werden. Das geschieht mit den »nextpage«-Tag (<!--nextpage-->. Achtung: Kein Leerzeichen!).1

Bricht man die Seiten um, ist es ganz besonders wichtig, vor dem Link zur nächsten Seite einen Cliffhanger einzubauen. Ein Cliffhanger treibt das bisher geschriebene auf die Spitze und bricht am Höhepunkt ab, mit dem Versprechen, die Lösung auf der nächsten Seite zu präsentieren. Der Leser muss nach der Fortsetzung lechzen, sich gezwungen fühlen den Mauszeiger auf den Link zur nächsten Seite zu manövrieren, den Finger auf der Maustaste zu positionieren und schließlich zu klicken. Aber Achtung: Lohnt sich diese Aktion nicht und wird der Leser enttäuscht, ist er auch schon weg…

[Suchmaschinen-Optimierung, Links und Fußnoten …]

Suchmaschinen-Optimierung (SEO)

Lassen Sie sich nicht von die tausendfachen Tipps zur Suchmaschinenoptimierung (SEO) irritieren. Suchmaschinen lernen die Tricks sehr schnell und ändern deswegen immer mal wieder ihre Suchalgorithmen. Gute Texte werden immer gefunden. Wenn Sie aussagekräftige Überschriften formuliert haben und das Feld für »Tags« (Schlagwörter) ausgefüllt haben, ist das Wichtigste schon getan. Wenn Sie dann noch die wichtigsten Wörter im Teaser und in den ersten Absätzen wiederholen, haben Sie schon alles getan, was nötig ist, damit Ihr Text gefunden wird.

Links und Fußnoten

Auch Links strukturieren den Text, wenn sich richtig platziert sind. Man sollte auch sie nur dann setzen, wenn das Ziel auch tatsächlich einen Klick wert ist, wenn es einen Mehrwert bieten. Sonst verzichte man lieber darauf. Auch hier: Ist das Ergebnis eines Klicks nichtssagend oder langweilig, hat man den Leser sofort verloren.

Natürlich muss ein Linkziel auch glaubwürdig und seriös sein. Links zu solchen Zielen stärken übrigens gleichzeitig auch das Vertrauen der Leser in das Ausgangsportal.

Zu jedem Link in einem Lauftext gehört es, dem Leser klar zu beschreiben, was ihn erwartet, wenn der den Link anklickt. Also nicht: »… auf der TELI-Seite finden Sie weitere Informationen.« (Link vor Inhaltsangabe), sondern: ».. Weitere Informationen finden Sie auf der TELI-Seite.« (Inhaltsangabe vor Link).

Nicht vergessen, das »alt="..."«-Attribut im HTML-Linktag (<a ... alt="Beispieltext">...</a>) zu nutzen. An dieser Stelle beschreibt man noch einmal das Linkziel. Schlagwörter genügen. Suchmaschinen schauen sich diese Informationen besonders genau an.

Kleiner Tipp: Man kann natürlich auch das HTML-Attribut »title="..."« benutzen, um dem Leser eine Vorab-Information zum Linkziel zukommen zu lassen. Gleitet der Mauszeiger über so ein Attribut, öffnet sich ein Minifenster über dem Wort und zeigt den Text des Attributs an. Das funktioniert auch bei einzelnen Wörtern und kann für Worterklärungen und als Übersetzungshilfe genutzt werden (<span title="Begriffserklärung">Schwieriger Begriff</span>).

Aber jeder Link kann den Leser auch vom Text weg und woanders hin führen.

Besonders ein externer Link birgt immer die Gefahr, dass der Autor seinen Leser verliert. Solche Links also nie zu früh setzen – jedenfalls nicht, bevor man die eigene Aussage zu Ende geführt hat. Seriöserweise sollte man dafür sorgen, dass sich externe Links immer in einem neuen Fenster öffnen. Das kann man beispielsweise durch das Attribut »target="_blank"« im Linktag forcieren (<a ... target="_blank">...</a>).

Links führen den Leser weiter, Fußnoten beweisen, was der Autor behauptet.

Verweise, die nur dazu dienen, eine Aussage zu stützen, die also eine Dokumentation sind, sollten immer nur als Fußnoten erscheinen.

Im Editor des Portals Wissenschaftsdebatte kann man einen Fußnotentext übrigens ganz einfach im Lauftext zwischen die Tags »[foot]« und »[/foot]« schreiben. Der Text zwischen den Tags wird später automatisch durch das Fußnotenzeichen ersetzt unter dem der eingeschlossene Text am Ende des Lauftexts erscheint.

[Bilder und Videos …]

Bilder und Videos

Bilder und Videos sind kein Beiwerk. Man sollte sie auch nicht als solches ansehen. Sie müssen echte Zusatzinformationen geben, mitunter sogar eigene Geschichten erzählen oder auf andere Blickwinkel aufmerksam machen. Richtig eingesetzt kann man sich damit auch umständliche, zeitraubende Erklärungen im Lauftext sparen.

Bilder und Videos sind aber auch Strukturelemente, die längere Texte gliedern, quasi als Überschriften fungieren. Deshalb müssen sie auch nicht immer von Text umflossen sein. Textfluss um Bilder und Videos macht sie zu Beiwerk und beraubt sie ihrer eigenen Sprache.

Zu jedem Bild, zu jedem Video gehören unbedingt auch immer eine aussagekräftige BU und das sinnvoll ausgefüllte Alternativ-Attribut »alt="..."« im Grafiktag (src=... alt="Alternativtext" />). Beides sind wichtige Angaben für Suchmaschinen. Der Inhalt des Alternativattributs erscheint, wenn die eigentliche Mediendatei nicht angezeigt werden kann.

Überblick

Einen guten und weiterführenden Überblick über das Online-Schreiben – auch für gestandene Journalisten – gibt die Präsentation von Bernd Oswald auf Slideshare.


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