Lärm-Memorandum

Wissenschaftsdebatte live zum Thema "Lärm macht krank"
im Sitzungssaal des Rathauses der
Landeshauptstadt Wiesbaden
Foto: Neubert

Version 1

Die Teilnehmer der „TELI-Wissenschaftsdebatte live“ zum Thema „Lärm macht krank“ am 14. Februar 2014 im Rathaus der Landeshauptstadt Wiesbaden stimmten dem folgenden Memorandum der TELI überwiegend zu. Eine Redaktionsgruppe aus Teilnehmern der Veranstaltung half bei der Ausformulierung des Textes, der dann im Plenum vorgestellt und noch einmal besprochen wurde.

Das TELI-Memorandum soll vor allem die Politik daran erinnern, dass Lärm ein gesundheitliches Problem ist, das noch nicht mit dem nötigen Nachdruck bekämpft wird, obwohl der Gesundheitsschutz der Bürger zu den klassischen Aufgaben des Staates gehört.


1. Gesundheit

Lärm ist gesundheitsgefährdend und muss konsequenter und unter Nutzung aller zur Verfügung stehenden Möglichkeiten verhindert und vermindert werden. Der Schutz der Gesundheit muss ein höheres Gewicht bekommen.

Lärm beeinträchtigt auch das geistige Leistungsvermögen. Er kann zu Entwicklungsverzögerungen bei Kindern und Jugendlichen führen.

2. Wissenschaft und Forschung

Seit Jahrzehnten wird zum Thema technische Lärmminderung in Deutschland und international geforscht; seit 15 Jahren in Deutschland unter anderem im Forschungsverbund „Leiser Verkehr“. Ergebnisse zur Verbesserung der Lärmsituation liegen zwar vor, aber es besteht noch erheblicher weiterer Forschungsbedarf. So bestehen noch Defizite bei grundlegenden Wirkungsmechanismen, die nachhaltigen Lärmschutz noch effektiver machen.

Insbesondere muss ein wissenschaftliches Grundlagenprogramm zur Erforschung von Lärmwirkungen eingerichtet werden, das interdisziplinär und ohne finanzielle Beteiligung von Interessengruppen durchgeführt wird.

3. Lärmrisiken anerkennen

Politik, Verwaltungen und Wirtschaft müssen die Risiken durch Lärm endlich anerkennen. Es bedarf dringend der Entwicklung von Immissionsgrenzwerten für konkrete Maßnahmen nicht nur zur Lärmvorsorge, sondern auch zur Lärmsanierung.

4. Transparenz

Wir wollen Transparenz auf allen Entscheidungsebenen (Kommunen, Länder, Bund, EU). Alle Fakten und Zahlen zu diesem Thema müssen auf einfachem Weg für jeden zugänglich gemacht wird.

Noch vor der Europa-Wahl im Mai 2014 müssen die Kandidatinnen und Kandidaten der Parteien genau darstellen, wie und was sie zur Lärmreduzierung beitragen wollen.

5. Beteiligung

Als Bürgerinnen und Bürger wollen wir frühzeitig an Entscheidungen beteiligt sein.

Das gilt, wenn über Maßnahmen entschieden werden soll, die potentiell Lärm verstärken, wie beispielsweise die Ausweitung von Verkehrswegen oder die Umgestaltung von Stadtbildern.

Das gilt auch, wenn über Prioritäten entschieden wird, wie und wo gesundheitsbeeinträchtigender Lärm am stärksten verhindert und mindestens vermindert werden soll.

6. Umsetzung

Für die Betroffen ist es wichtig, dass verbindliche Schutzziele auch konkretisiert und tatsächlich umgesetzt werden.

Für die Umsetzung von Lärmschutzmaßnahmen müssen mehr finanzielle Mittel bereit gestellt werden, vor allem für die Kommunen.

Bei diesen Schutzzielen muss grundsätzlich der Gesamtlärm betrachtet werden, vorrangig die Zusammenwirkung von Lärm aus verschiedenen Verkehrsquellen.

Ein erster Schritt hierzu ist die methodische Fortentwicklung der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) für das „Schutzgut Mensch“ voranzutreiben.

7. Zusagen einlösen

Die Regierungen in Bund und Ländern werden in diesem Zusammenhang an die Einlösung ihrer Zusagen erinnert, den Lärm deutlich zu reduzieren.

Sie mögen darüber öffentlich Rechenschaft ablegen.


Dieses Memorandum ist ein lebender Text. Er kann sich im Laufe der Online-Debatte durch Kommentare und weitere Beiträge verändern.
Wiesbaden, am Valentinstag, dem 14. Februar 2014


  

  

Die „TELI-Wissenschaftsdebatte live“ ist ein Projekt der Journalistenvereinigung für Technisch-Wissenschaftliche Publizistik TELI e.V. im Rahmen der TELI-Aktivität „Wissenschaftsdebatte“. Die „Wissenschaftsdebatte“ ist ein Forum für direkte Bürgerbeteiligung, unabhängig von staatlichem und industriellem Einfluss. Hier debattieren Bürger, Wissenschaftler und Forscher über drängende, gesellschaftliche Probleme, die einerseits durch technisch-wissenschaftlichen Fortschritt erzeugt, denen andererseits aber auch mit technisch-wissenschaftlicher Forschung und Anwendung begegnet werden kann. An die Politik gerichtet, formulieren Bürger, Wissenschaftler und Forscher in den Debatten ihre Bedürfnisse und Probleme, und tragen mit begründeten Forderungen und Vorschlägen zu politischen Lösungen bei.

Die Journalistenvereinigung für Technisch-Wissenschaftliche Publizistik TELI e.V. ist der weltweit älteste Zusammenschluss von Wissenschafts- und Technikjournalisten, gegründet 1929. Die TELI-Mitglieder engagieren sich im Rahmen des TELI-Programm, in dem es unter anderem heißt:

„Verständnis für wissenschaftliche Zusammenhänge zu wecken, wird in einer Gesellschaft, die sich als demokratisch versteht, zu einer allgemeinen und elementaren Aufgabe. Diese Aufgabe geht über Bildungsinteressen hinaus; sie berührt Lebensinteressen, denn die Anwendung der neuen Technik stellt vorgegebene Lebensverhältnisse in Frage. Damit gewinnt journalistische Arbeit eine zusätzliche Dimension: Die Neugestaltung sozialer Verhältnisse in Arbeit und Gesellschaft setzt voraus, dass breites, allgemeines Grundverständnis und Möglichkeit und Bereitschaft zu offener Auseinandersetzung zusammentreffen – zwei Forderungen, die einen offenen Meinungsprozess im besten journalistischen Sinne voraussetzen und die selbst Maßstäbe verantwortungsvoller und wirksamer journalistischer Arbeit bilden.“

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