Keine Fördergenehmigungen vor endgültiger Klärung der Risiken
Von Peter H. Niederelz
Das Unternehmen Energiewende kommt in Deutschland ins Stocken.
Es hört sich zunächst gut an, wenn es heißt, dass die USA demnächst durch die Fördereng gewaltiger Schiefergasvorkommen ihre Energieselbstständigkeit zurückgewinnen könnten.
Da Deutschland noch abhängiger von Energieimporten ist als die USA, wäre es verlockend, wenn bei uns auch viel Schiefergas gefunden und gefördert werden könnte.
Im Mai 2012 hat die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) in einer umfangreichen Studie ihre Abschätzung des Erdgaspotentials aus dichten Tongesteinen (Schiefergas) in Deutschland vorgelegt.
Sie kommt dabei zu dem Ergebnis, dass alles in allem Schiefergas-Ressourcen in der Größenordnung von 1,3 Billionen Kubikmeter tief im Untergrund unter Deutschland liegen.
Das ist deutlich mehr, als die festgestellten konventionellen Erdgasressourcen und die künstlich gehaltene Erdgasreserve mit insgesamt 0,3 Billionen Kubikmeter.
Jährlich verbrauchen wir in Deutschland rd. 97 Milliarden Kubikmeter Erdgas. Davon wurden 2010 87 Prozent importiert.
Das würde bedeuten, dass sich theoretisch mit dem Schiefergas der Bedarf für rund 13 Jahre decken ließe.
Am Primärenergieverbrauch von 13.374 Petajoule in Deutschland lag 2011 das Erdgas mit 20,4 Prozent hinter dem Mineralöl an zweiter Stelle, gefolgt von Steinkohle (12,6 Prozent) und Braunkohle (11,7 Prozent).
Erdgas ist also bei uns ein sehr wichtiger Energielieferant. Um von Importen unabhängiger zu werden und den Preisanstieg zu stoppen, könnte Schiefergas eine Option sein.
Aber wie verhält es ich mit den Risiken?
Im November 2012 hat das Bundesumweltministerium eine Studie des Umweltbundesamtes (UBA) zu „Umweltauswirkungen von Fracking“ herausgegeben, nachdem in der Öffentlichkeit die Erkundung und Gewinnung von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten und das dabei zum Einsatz kommende Verfahren des „Hydraulic Fracturing“ (kurz: Fracking) intensiv diskutiert wird.
Das UBA kommt zu einer erheblich skeptischeren Einschätzung als die BGR.
Im Gutachten wird festgestellt, dass sich bei der Erzeugung und Offenhaltung der unterirdischen Risse im Schiefergestein ein hohes Gefährdungspotential bilden kann.
Selbst wenn dem Frack-Fluid keine chemisch-biologischen Stoffe zugesetzt werden, bleibt eine Beeinträchtigung u. a. des Grundwassers, obwohl die Schiefergaslagerstätten weit unter dem Grundwasserspiegel liegen, als Gefahrenpotential bestehen.
Pro Bohrloch werden Millionen von Litern Wasser benötigt. Beim Fracking werden am untersten Punkt der Bohrung Sprengungen durchgeführt. Danach wird unter hohem Druck das Fracking-Fluid in das Gestein gepresst, aus dem dann Gas strömen kann.
Viele Risikoaspekte sind noch längst nicht hinreichend erforscht.
Daher kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt ein weiteres Erkunden und Bewerten nur unter strengen Auflagen erfolgen.
Bergrechtliche Fördergenehmigungen sind überhaupt nur nach umfassender Umweltverträglichkeitsprüfung mit Beteiligung der Öffentlichkeit denkbar.
Es ist auch daran zu denken, dass diese aufwändige Fördermethode kein preiswertes Erdgas fördern kann.
Schiefergas-Fracking ist nach gegenwärtigem Wissensstand kein belastbarer Hoffnungsfaktor für die sichere und preiswerte Energieversorgung der 82 Millionen Menschen in Deutschland.
Die Energiewende muss konkret anders gestaltet werden, wobei wie vor 35 Jahren, als die damalige Bundesregierung dazu eine Kampagne durchführte, gilt„ Energiesparen ist unsere beste Energiequelle“.
Eine Überlegung ist es allerdings wert, diese Vorkommen und umweltverträgliche Förderverfahren weiter durch unabhängige Stellen erkunden zu lassen, um sie aus Energiesicherheitsgründen für hoffentlich nicht eintretende Notfälle bereitzuhalten.
Kaum zu glauben: Auch die Postbank hat auf ihrer Webseite eine Stellungnahme zum Thema Fracking. Dr. Marco Bargel, Chefvolkswirt der Deutschen Postbank AG: „Die Förderung von Erdgas und zunehmend auch Erdöl durch Fracking hat heute bereits Auswirkungen auf die Verteilung der globalen Produktion und die internationalen Handelsströme. Hinzu kommen Preiseffekte. Diese Folgen dürften sich in den kommenden Jahren noch verstärken.“
Allerdings: Darüber, dass heute den ganzen Sonntag lang das Online-Franking, oops, -Banking ausgefallen ist, wegen Wartungsarbeiten, die sich offenbar deutlich länger hinziehen als geplant, meldet die Pressestelle nichts.