Dare Devil Felix — wissenschaftlich ein Flop, aber Kohle bis zum Abwinken

Montag, elf Uhr morgens. Sogar Klassik Radio ist ganz aus dem Häuschen. Den ganzen Morgen berichten die Moderatoren über „Dare Devil Felix“ Sprung aus 39 Kilometern Höhe. Medien und Presse schwappen über davon, sogar die Tagesschau war gestern abend nur eine Nischenveranstaltung. Sechs Millionen Deutsche verfolgten den Sprung bei ntv, Milliarden weltweit.

Alles, was ich höre und lese, ist nichts Neues, seit über einem Jahr immer wieder aufgewärmt in den Medien, dank hartnäckiger PR des Sponsors Red Bull. Eine Höhenkapsel, ein schützender Raumanzug, viel Training, exakte Wetterberechnung, gute Nerven, dann Go: 265 km/h schneller als der Schall.

Herzlichen Glückwunsch zum Mut und Pioniergeist,
sehr geehrter Felix Baumgartner, mehrere Rekorde auf einmal haben Sie gebrochen! Aber wissenschaftlich ist das Thema ziemlich ausgelutscht bzw. hat nie viel hergegeben. Jeder, der sich für die wissenschaftlich dünne Berichterstattung hergegeben hat, vermehrt den Profit des Sponsors und heizt den Rekord-Hype in der Gesellschaft an:

50 Millionen ausgegeben für eine fliegende Red-Bull-Dose, fünf Milliarden an Werbung eingenommen — ein Karussell, auf das selbst die Besten unserer Branche aufspringen. Ein konstruktiver Vorschlag: Der Sponsor möge doch einen Teil davon der Wissenschaft stiften!

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5 Gedanken zu “Dare Devil Felix — wissenschaftlich ein Flop, aber Kohle bis zum Abwinken

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  3. Es mag sein, dass der Artikel nicht gut geschrieben ist. Für die Qualität der Journalisten beim Spiegel, kann nur dieser etwas.
    Mir geht es um den Erkenntniswert des Sprungs:

    – Ein Mensch kann mit entsprechender Spezialkleidung aus einer Höhe von fast 40.000 km springen – ohne das Bewußtsein zu verlieren.
    – wenn er das tut, muss diese Kleidung zukünftig Stabilisatoren aufweisen
    – Diese Spezialkleidung muss zukünftig durch leichtere Materialien ersetzt werden, um einen Sprung auf beispielsweise anderen Planeten sicherer zu machen.
    – Es muss Ersatzsysteme für bestimmte Systeme geben, um die Sicherheit des „Astronauten“ zu erhöhen, beispielsweise eine Extravisierheizung.
    – Der Mensch hält es physisch aus, eine Geschwindigkeit, weit über der Schallgeschwindigkeit zu überstehen, ohne sich innerhalb eines Fluggerätes zu befinden.

    Egal, mit welchen Fluggeräten wir zukünftig in den Weltraum vorstoßen werden. Die Flüge müssen sicherer werden. Hätten die „Columbianer“ solche Anzüge gehabt, hätten sie vielleicht überlebt.

  4. Die internationale Presse feiert ein Jahrhundertabenteuer. Und solche haben immer zum Fortschritt der Menschheit geführt. Sehr luftig!

    Der Spiegel beschreibt langatmig das Trudeln. Der Springer hat offensichtlich sein Leben risikiert, ohne gewusst zu haben, mit welchen Techniken sich die Fluglabilität stoppen ließe. Das lädt nicht zur Nachahmung ein.

    Am Ende ein winziger Absatz, dass Astronauten bei Starts- und Landungen im Notfall abspringen könnten. Damit die NASA noch mehr schlampern kann? Denn beide Unfälle sind Nachlässigkeiten geschuldet, über die viele Journalisten wussten. So ISWA-Präsident Jim Cornell auf der Weltkonferenz der Wissenschaftsjournalisten 2009 in London über journalistische Ethik. Aber keiner hatte die Chuzpe, darüber offen zu schreiben. Auch das ist ein Grund, weshalb das private SpaceX der NASA den Rang abläuft.

    Augstein dürfte sich angesichts einer solchen Berichterstattung im Grab wälzen. Durch blosses Nachplappern von PR wären er und der Spiegel zu Straußens Hauspostille avanciert, aber nicht zum „Sturmgeschütz der Demokratie“!

    Unlängst durfte auf Bayern II Wernher von Brauns ehemalige rechte Hand, Jesco Freiherr von Puttkammer, vom Moderator unwidersprochen verkünden: In einem Jahrzehnt sind wir auf dem Roten Planeten! Aber nicht mit dem alten Apollo-Gerät, das die NASA reaktiviert. Sollten diese tatsächlich den Mars-Orbit erreichen, müsste die Besatzung möglicherweise in Baumgartner-Schutzanzügen abspringen.

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