Gegenentwurf zur Agrargroßindustrie: Wer sein Essen im Garten oder Dachgarten anbaut, kennt den Unterschied zum Supermarkt. Tomaten, so süß und saftig, kommen nur von der eigenen Scholle. Der Ansatz könnte breitbandig Schule machen.
Wir sind so sehr an die Agrartechnologie gewöhnt, dass wir uns kaum mehr Alternativen vorstellen können. Umso weniger, als wir überall lesen: Bald zehn Milliarden Menschen zu ernähren, das geht nur durch genveränderte Pflanzen, letztlich Robotertechnik.
Klein, aber oho, das ist dagegen die Permakultur, die weltweit immer mehr Anhänger gewinnt. Die Natur für sich arbeiten lassen, Kooperation statt Konkurrenz, systemisch und in Kreisläufen arbeiten statt linear-kausal, das sind ihre Prinzipien.
Permakultur zielt auf permanentes und komplettes Recycling. Wasser mäandert kunstvoll durch die Kulturen, bis der letzte Tropfen genutzt ist. Energie stammt aus Biogasanlagen und von der Sonne. Im einfachsten Falle werden auf dem Dach schwarze Schläuche ausgelegt, selbst bei niedrigen Außentemperaturen für Duschwasser sorgend. Alle organischen Abfälle werden konsequent kompostiert.
Das ist alles bekannt, hat aber noch eine weitere Dimension: Nicht nur der Umgang mit der Natur, sondern auch mit den Menschen ist achtsam.
Kleinbäuerliche Strukturen werden so vor Monokulturen und den weltweit operierenden Agrarkonzernen der Lebensmittelindustrie geschützt. Last, but not least geht es auch um Selbstbegrenzung, nicht grenzenloses Wachstum, sondern Rückverteilung der Überschüsse an diejenigen, die Hilfe brauchen.
Der Österreicher Julian Fellner aus der Nähe von Salzburg, unweit eines Papstes der Permakultur, Sepp Holzer, in der Agrarindustrie als „Agrarrebell“ verschrien, lehrt ein schönes Beispiel für diese Art der Landwirtschaft. Seine Kräuterspirale ist ein dreidimensionales Beet, das auf kleinstem Raum eine Vielfalt unterschiedlichster Pflanzen erzeugt. Dies ist nur eines von vielen Beispielen, wie sich auf kleinstem Raum viel ernten lässt.
Wieviel Großlandwirtschaft brauchen wir wirklich, um unsere zukünftige Ernährung und Gesundheit zu sichern? Sind Permakultur und andere nachhaltigere Methoden eine Alternative? Bitte schreiben Sie dazu Ihre Meinung in der TELI-Wissenschafts-Debatte.
Die Permakultur bietet gerade in Hinsicht auf die globale Ernährungssituation praktische Anwendung. Kleinbauern in Entwicklungsregionen nützen kein Agrotec der Großlandwirtschaft. Potentiale Lösungen um den Kleinbauern zu fördern müssen auf der Entwicklungsagenda ganz oben gereiht werden. Interessant ist, dass die kleinbäuerliche Landwirtschaft höhere Erträge pro Hektar liefern als die große Agroindustrie mit ihren Monokulturen die ökologische und soziale Probleme schaffen. Zwar produziert die einseitige industrielle Landwirtschaft oft mehr Ertrag pro Feldfrucht, jedoch liegt die Gesamtproduktion pro Hektar bei Mischkulturen wesentlich höher – nutzen also ihr Land effizienter! Diese Details werden natürlich von den Konzern verschwiegen.
Durch den regenerativen Anbau von Mischkulturen werden natürliche Feinde von Schädlingen angezogen und der Boden verbessert. (vgl. Rosset 2001, Sachs, et al. 2005)
Bill Mollison, der „Erfinder“ der Permakultur, wurde nicht ohne Grund mit dem alternativen Nobelpreis ausgezeichnet. Grundlegende Gedanken sind:
Alle Elemente stehen miteinander in Wechselwirkung
Jedes Element erfüllt mehrere Funktionen
Sinnvolle und effiziente Energienutzung (nachhaltige Energien)
Nutzung natürlicher Ressourcen
Intensiv genutzte Systeme auf kleinem Raum
Nutzung und Mitgestaltung von natürlichen Abläufen und Kreisläufen
Förderung und Nutzung von Randeffekten (die höchste Vielfalt findet man an Grenzen bzw. Rändern – zB Waldrand)
und zu guter letzt: VIELFALT STATT EINFALT! (vgl. Holzer 2004)