Nach sechs Monaten wird nun Bilanz gezogen. Was hat die W-Debatte der TELI uns allen gebracht – wo wollen wir in weiteren sechs Monaten sein? Bei ihrem 80. Jubiläum Mitte Mai im Bundespresseamt hatte die Journalistenvereinigung für technisch-wissenschaftliche Publizistik dieses Projekt gelauncht: die Forschung mit der Politik und der Zivilgesellschaft zu verzahnen und einen Austausch darüber herzustellen, was in der Wissenschaft wirklich erstrebenswert ist.
RAUS AUS DEM BRAUNEN SCHATTEN
Die W-Debatte wurde nicht zuletzt aus der Historie der TELI heraus geboren. Während der NS-Zeit hatte sich der Journalistenverband zu einem schnurrenden Rädchen im Räderwerk der Nazi-Ideologie und des Krieges verformt. Eingedenk dieser Geschichte setzt sich die TELI heute besonders für die Demokratie in Wissenschaft und Gesellschaft sowie den Austausch und die Debatte ein.
ÜBERRASCHENDER AUSGANG DER BUNDESTAGSWAHLEN
Für diese wurde ein Fragebogen entwickelt und bei den drei Partnern in Umlauf gesetzt. Eine Auswertung der Antworten fand wöchentlich im TELI-Blog statt. Sie mündeten in der Pressemitteilung vom 14.09. mit dem Titel: „Wissenschaft kommt in der Politik nicht mehr vor.“ Nachdem die Forschung im Wahlkampf kaum ein Thema gespielt hatte, endeten die Bundestagswahlen doch noch mit einer Überraschung.
MEHR GELD FÜR DIE FORSCHUNG – ZIEL ERREICHT!
Die neue Regierungskoalition aus Konservativen und Liberalen will Forschung und Bildung zum politischen Schwerpunkt in den nächsten vier Jahren machen und spendiert ihnen jährlich einige Milliarden Euro mehr als in den bisherigen Haushalten. Insofern hat die TELI-W-Debatte am Ende durchaus ihr Ziel erreicht, nachdem viele Beiträge genau dies verlangt hatten: Erhöhung des Forschungs- und Bildungsetats. Jetzt ist die spannende Frage, wie sich das in Programmen niederschlägt!
WER ZIEHT DIE FÄDEN BEI DER UMSETZUNG?
Derzeit laufen die Planungen für eine größere Veranstaltung im April 2010 der TELI und dem Haus der Wissenschaft in Braunschweig – einem Ort des Dialogs zwischen Wisssenschaft und Gesellschaft. Sie könnte sich um die Frage drehen, wie die Extra-Milliarden investiert werden und wer hier die Fäden zieht. Im Juli geht es in Turin bei der ESOF 2010 dann um eine gesamteuropäische Verankerung der Debatte.
KOMMEN SIE ZUR PRESSEKONFERENZ!
Darüber berichtet die TELI auf einer Pressekonferenz am 9. November 2009 auf der Wissenswerte in Bremen. Sie findet statt von 16.30 bis 18 Uhr im Raum Danzig. Auf dem Podium sitzen: Hanns-J. Neubert (TELI Vorsitzender und Präsident des Dachverbands europäischer Wissenschaftsjournalisten EUSJA), Alexander Gerber (Kommunikation Fraunhofer-Gesellschaft), Wolfgang C. Goede (TELI-Vorstand, P.M. Redakteur), Markus Weißkopf (Leiter Haus der Wissenschaft Braunschweig).
Sind das nicht zu viele Vorschusslorbeeren?
> MEHR GELD FÜR DIE FORSCHUNG – ZIEL ERREICHT!
Wichtiger vielleicht noch als die Summe der Fördergelder ist aus meiner Sicht die in den Wahlprogrammen (insbes. von der FDP) geforderte steuerliche F+E-Förderung. Wenn auch zunächst wohl ergänzend zur bestehenden Projektförderung angedacht — es steht offenbar eine Reform unserer Forschungslandschaft an. Auch die Ressortforschung ist derzeit ja grundlegend auf dem Prüfstand.
Dies kritisch zu begleiten, ist in der kommenden Legislaturaufgabe eine Kernaufgabe des Wissenschaftsjournalismus in Deutschland — und vielleicht sogar die Chance zu einem geschärften Selbstverständnis — hin zu mehr Investigation. Ein wirklicher, breiter gessellschaftlicher Dialog ist hierfür unersetzlich.
Dazu hatte Manfred Ronzheimer kürzlich auf Seite 57 des Koalitionsvertrags Folgendes entdeckt:
– Bürgerdialog –
Forschung braucht den Dialog mit der Gesellschaft. Deshalb werden wir neue Dialogplattformen einrichten, auf denen mit den Bürgerinnen und Bürgern Zukunftstechnologien und Forschungsergebnisse zur Lösung der großen globalen und gesellschaftlichen Herausforderungen intensiver diskutiert werden. Insbesondere bei gesellschaftlich kontroversen Zukunftstechnologien wollen wir einen sachlichen Diskurs, der auf Toleranz aufbaut, eine realistische Abschätzung der Chancen und Risiken für den Einzelnen und die Gesellschaft ermöglicht und den erreichbaren Konsens auslotet.
Wir wollen unter wissenschaftlicher Leitung und mit Unterstützung der Wirtschaft in der Hauptstadt ein „Haus der Zukunft“ schaffen, in dem sich Deutschland als Wissensgesellschaft und Innovationstreiber präsentiert, und die Forschungsmuseen stärken.
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Weitere wichtige Passagen zum Thema Wissenschaft im Koalitionsvertrag unter http://www.scienceblogs.de/sic/2009/10/wissenschaft-im-koalitionsvertrag.php