Jetzt gab es sogar ein Hearing des US-Senats zur Frage, ob Printjournalismus und Tageszeitungen eine Zukunft haben. Der US-Journalist David Simon verlangte von seinen Print-Kollegen ein Bekenntnis zum „High-End-Journalismus“. Diesen Begriff sollten wir uns merken, weil er so schön bildlich ist. Und auch, was sich dahinter verbirgt, müssen wir unbedingt beherzigen, letztlich das, was uns die journalistischen Tugenden sowieso ins Stammbuch schreiben: knallharte Recherche und einzigartige Geschichten, die man woanders nicht findet!
Gerade in unserer Branche habe ich manchmal den Eindruck, dass viele Technik- und Wissenschafts-Storys sich ähneln, sie irgendwo schon mal abgehandelt worden sind. Unlängst veranstaltete die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften acatech ein Workshop für Wissenschaftsjournalisten zu Werkstoffen. Die Kernfrage dabei: Wie lassen sich diese oft spröden Themen für die Medien besser aufbereiten? Ich freute mich über meine Einladung als Coach, war mir aber nicht sicher, wie die Kolleginnen und Kollegen auf mein Angebot reagieren würden.
Ich hatte StoryTelling im Workshop-Gepäck und ließ die Teilnehmer die von ausgesuchten Experten dargebotenen Informationen in dramaturgisch ausgefeilte Exposés umsetzen – siehe dazu auch: Denkst du noch – oder erzählst du schon? Meine Erkenntnis daraus: Das Denken in Bildern, Szenen und Plots brachte allen Beteiligten unheimlich viel Spaß, und die Präsentationen lebten von Witz und Spontaneität. Diese Kreativität steckt in uns allen, und sie fühlt sich gut an, also lassen wir sie doch ein wenig mehr von der Leine, unseren Beiträgen täte sie gut!
Übrigens: Auch das Magazin der Süddeutschen Zeitung widmet sich an diesem Wochenende der Frage: „Wozu Zeitung?“ Alles tolle Beiträge, aber wenig Neues, am besten fand ich auf der letzten Seite Axel Hacke. Der machte sich Gedanken über den Transport von Manuskripten in der alten Rohrpost. Darin wurde im SZ-Verlagsgebäude offensichtlich auch schon mal eine Weißwurst befördert, bei weiteren Experimenten verschwand unter mysteriösen Umständen ein Pfauenauge aus der Patrone. Hackes Schluss: „Mag sein, dass die Zukunft des Journalismus im Unklaren liegt. Aber auch seine Vergangenheit hat noch ihre Rätsel.“
Die Medien stehen vor einem Epochenwechsel: Waehrend in den USA ein Zeitungstitel nach dem anderen eingestellt wird und selbst Qualitaetsblaetter wie die „New York Times“ ins Schlingern geraten, waechst in Deutschland die Angst. Ein brach liegender Anzeigenmarkt, Auflagen im freien Fall und ein rasanter Mediennutzungswandel stellen Zeitungshaeuser vor die Frage, wie sie Journalismus weiterhin finanzieren koennen. Mit Blick auf die Bundestagswahl draengt sich die Frage auf, wie Zeitungen ihre Funktion als Leitmedien noch leisten koennen und welche alternativen Formen und Akteure der oeffentlichen Kommunikation an Bedeutung gewinnen.
Anlaesslich der beiden Buchveroeffentlichungen „Wozu noch Zeitungen? Wie das Internet die Presse revolutioniert“ (Vandenhoeck & Ruprecht) und „Die Alpha-Journalisten 2.0. Deutschlands neue Wortfuehrer im Portrait“ (Herbert von Halem) diskutieren Wortfuehrer aus Presse und New Digital Journalism ueber den publizistischen Formenwande und drohende Gefahren fuer unsere Mediendemokratie.
Es diskutieren:
– Wolfgang Blau (Chefredakteur „Zeit Online“) ,
– Stephan-Andreas Casdorff (Chefredakteur „Der Tagesspiegel“) ,
– Brigitte Fehrle (Stellv. Chefredakteurin „Berliner Zeitung“) ,
– Hans-Juergen Jakobs (Chefredakteur „sueddeutsche.de“) ,
– Frank A. Meyer (Chefpublizist Ringier Verlag) ,
– Mario Sixtus (Blogger „Der Elektrische Reporter“) .
Moderation: Dr. Thomas Leif.
Anmeldungen an
Dr. Cornelia Doemer, Referatsleiterin Veranstaltungen, Gaestehaus; Medien
Vertretung des Landes Rheinland-Pfalz beim Bund und der Europaeischen Union
In den Ministergaerten 6, 10117 Berlin
Telefon 030 72629-1170, Telefax 030 72629-1270
mailto:cdoemer@lv.rlp.de .
Quelle: Netzwerk Recherche
Aber wie soll Journalist das durchsetzen, wenn selbst ein anfeaturen ganz frech von den Redakteuren mit der Argumentation umgeschrieben wird: „Das wollen unsere Leser nicht. Die wollen klare eindeutige Berichte.“
Auch Ingenieure wollen sich unterhalten, wenn sie lesen.
Soll ich mich auf das Urheberrecht § 14 UrhG berufen? Dann bekomme ich in Kürze nicht mehr auch nur einen Artikel verkauft.
In der Tat: Printmedien sind im Niedergang begriffen. Aber: Das ist hausgemacht. Heute hätten Herausgeber / Redakteure mehr Möglichkeiten, den Printmedien durch die Kopplung mit dem Interneht Gehör zu verschaffen, als jemals zuvor. Und diese Chancen werden nicht genutzt; weil sie keine Phantasie haben und keine Ideen, wie man es machen könnte, weil sie Gewohnheitstiere sind, weil sie keinen Mut haben, etwas neues zu wagen und keine Tapferkeit, gegen Widerstände etwas Neues durchzusetzen. Wie dumm sind diese Leute?!
Das ist zum einen wohl war, ebenso wie in vielen anderen Berufen, die begehrt sind, zum anderen aber ist StoryTelling auch für gestandene Profi-Kollegen ziemlich schwierig, gerade in der Technologie-Wissenschafts-Sparte, dennoch geht kein Weg daran vorbei!
Wenn wir nicht so viele arrogante, selbstgefällige wichtigtuerische fachfremde Möchtegernredakteure in den Redaktionen hätten, die ihren Job nur durch Beziehungen und Seilschaften ergattert haben und halten, könnte man tatsächlich StoryTelling machen.