Wir danken dem Spiegel Online Redakteur Markus Becker dafür, dass er die TELI-Wissenschaftsdebatte aufgegriffen hat. Am letzten Wahlsonntag berichtete er unter der Titelzeile „Forscher beklagen wissensfreien Wahlkampf“, dass alle wichtigen Wissenschafts- und Wissensthemen von der Politik nicht angesprochen wurden. Die TELI hatte zuvor die Pressemitteilung „Wissenschaft kommt in der Politik nicht mehr vor“ verschickt.
BRÜCKEN BAUEN ZWISCHEN FORSCHUNG UND ÖFFENTLICHKEIT
Er zitiert unter anderem den Fraunhofer-Chef Hans-Jörg Bullinger, sozusagen den Schirmherrn unserer Aktion, der den fehlenden Dialog zwischen Forschung und Öffentlichkeit beklagt. Hier ist in Zukunft besonders die Politik als Vermittler gefordert, aber auch der Journalismus, der Brücken bauen muss. Diese Funktion werden wir, wie während des Wahlkampfs, auch in dieser Legislaturperiode gerne wahrnehmen.
LIBERALE: MEHR FREIHEIT FÜR STAMMZELLENFORSCHUNG UND GENTECHNIK
Zunächst ist die Frage, wie die Koalitionsverhandungen zwischen Union und FDP verlaufen. An deren Positionen zeigt sich, wie stark Forschung, Bildung und Technologie von der ideologischen Ausrichtung der Parteien abhängt, denen die Wähler zur Regierungsverantwortung verhalfen – oft bestimmt auch aus Unkenntnis der jeweiligen Wissenschaftsprogramme. So wurde die Wissenschaftssprecherin der Liberalen Ulrike Flach von Nature am Tag nach den Wahlen mit dem Satz zitiert: „Die wirtschaftliche Situation erlaubt keinen übermäßigen Anstieg des Forschungsetats. Aber wir wollen die Freiheit der Wissenschaft erweitern und die Beschränkungen in der Stammzellenforschung und Gentechnik verringern.“ Die Anhebung des Forschungsetats, wie von der EU und letztlich auch den Teilnehmern der TELI-Debatte gefordert, könnte zu einem diffizilen politischen Kraftakt werden. Das fehlende Geld mit größerer Forschungsfreiheit aufzuwiegen ist nicht weniger problematisch.
MERKEL: AUSGABEN FÜR BILDUNG UND FORSCHUNG AUF 8,5 BIS 10 PROZENT ERHÖHEN
Es bleibt zu hoffen, dass sich die Bundeskanzerlin durchsetzt und für ihre Politik breite Unterstützung erhält. Sie will die Ausgaben für Bildung und Forschung von 8,5 auf 10 Prozent des Bruttosozialprodukts anheben und bereits im Dezember einen Bildungsgipfel mit den Ministerpräsidenten der Länder veranstalten. Das berichtet die ZEIT in ihrer dieswöchigen Ausgabe.
ATOMENERGIE: AUSSTIEG AUS DEM AUSSTIEG
„Der Ausstieg aus dem Atomausstieg scheint beschlossene Sache“, schreibt das Blatt. Vor zehn Jahren, als Rot-Grün antraten, war die Laufzeit der Atommeiler auf 32 Jahre begrenzt worden. Gleich am Montag nach den Wahlen waren die Aktienkurse der Hersteller von Atomkraftwerken gestiegen. Die neue Politik von Schwarz-Gelb muss nicht gleich zu einem Atomstaat führen, mildern die ZEIT-Kollegen. Sie können sich vorstellen, dass die Gewinne aus der Atomkraft steuerlich abgeschöpft und in die erneuerbaren Energien investiert werden. Das bleibt allerdings abzuwarten!
WIE GEHT ES MIT DER KLIMAPOLITIK WEITER?
Die Energie- und Klimapolitik nach dem „Weltrettungsgipfel“ in Kopenhagen im Dezember, das alles liefert viel Stoff für die Wissenschaftsdebatte in der nächsten Zeit. Sie ist ein wichtiger Bestandteil einer demokratischen Gesellschaft!
In Spiegel-Online:
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,653083,00.html#ref=nldt
FDP mahnt höhere Investitionen für Bildung und Forschung an
Statt Steuersenkungen, schlägt die FDP, namentlich Andreas Pinkwart, seines Zeichens Innovationsminister sowie stellvertretender Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen, eine massive Erhöhung der Ausgaben für Bildung und Forschung (BuF) vor.
Sein Ziel sei, so schreibt der Spiegel, bis zum Jahre 2015 die Investitionen für BuF auf 10 % des BIP zu steigern. Bei den Koalitionsverhandlungen wolle er Länder, Finanzminister und Haushaltspolitiker für eine verbindliche Zusage der Steigerung für diesen Sektor gewinnen. Die Finanzkrise wolle er als Ausrede nicht gelten lassen.
Um seine Argumentation zu untermauern, gibt er zu bedenken, dass selbst die Mittel für zusätzliche Studienplätze, einen neuen Exzellenzwettbewerb der Hochschulen und die Budgets der großen Forschungsgesellschaften nicht gesichert seien. Denn allein dafür wären in den nächsten acht Jahren bis zu 19 Milliarden Euro nötig.
Weiterhin mahnt der FDP-Politiker eine Erweiterung der Kompetenzen des BuF-Ministeriums an. Dies wolle er durch ein Ressort erreichen, dass alle Wissenschaftssektoren, von der Schule bis zur Technologieanwendung, bündle, da die Kompetenzstreuung dieser einzelnen Sektoren ein enormes Innovationshemmnis sei. Weiterhin sollen die teuren Forschungseinrichtungen der Bundesministerien neu strukturiert, Abschlüsse und Qualifikationen in den verschiedenen Bundesländern, aber auch zwischen den einzelnen Nationen, gleichermaßen anerkannt werden.
Und nicht nur Spiegel-Online wacht viel zu spät auf, was das Themen Wissenschaft, Technik, Forschung und Innovation anbelangt. Auch die VDI-Nachrichten machen in ihrer Ausgabe am 2.10.2009 mit der Forschungspolitik auf und beklagen mangelndes Interesse seitens der Parteien … unglücklicherweise NACH der Wahl.
Dennoch zeigt es uns, dass die TELI mit ihrer Initiative den richtigen Riecher hatte. Doch auch nach der Wahl bleibt das Thema wichtig. So kann die TELI nun zu allen forschungspolitischen Entwicklungen der Tigerenten-Koalition die Stimme erheben, und sie wird sogar erhört wie die Berichte in den Medien zeigen.