Forschungspolitik:
Wer hat das Sagen?


Der neue Bundesbericht Forschung und Innovation (BUFI) macht Unterschiede deutlich.

Die deutsche Wissenschaft schwimmt heute im Geld. Das wird von Beteiligten unumwunden zugegeben. Vor allem das Füllhorn der Exzellenzinitiative hat zum Aufbau neuer Elfenbeintürme geführt, zum eigenen Nutzen des Wissenschaftssystems und der Karrierechancen der Forscher. Jetzt verlangt die Politik mehr gesellschaftlichen Einsatz der Wissenschaft. Es wird sich zeigen, ob das mit dem alten Forscherethos zu vereinbaren ist oder ob in den Denkstätten der Republik ein Umdenken stattfinden kann.

Der Bundesbericht Forschung und Innovation (BUFI), vorgestellt am 21. Mai 2014, ist ein Beleg für ein neues Verhältnis, das sich zwischen dem Wissenschaftssystem einerseits – den Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen – und dem politischen System andererseits – den Parlamenten und Fachministerien auf Bundes- und Länderebene – herauszubilden beginnt. Sah die politische Administration früher ihre Hauptfunktion darin, das „Betriebssystem“ der Wissenschaft am Laufen zu halten, stellt sich mit dem Anwachsen der öffentlichen Milliardensummen immer stärker die Frage: Forschung für wen?

Ökonomisierung der Wissenschaft

Die Nutzenorientierung hat in den vergangenen 20 Jahren vor allem zu einer Ökonomisierung der Wissenschaft geführt, ihrer besseren Passförmigkeit für Anwendungen in der Wirtschaft. Neuerdings kommen Fragen aus dem Raum der Zivilgesellschaft hinzu.

Nach der alten Logik spiegelte sich die Ordnung des Wissenschaftssystems auch in den den früheren Bundesberichten wider. Nämlich durch eine klare Trennung in Fächergruppen und Disziplinen: Naturwissenschaften, Geistes- und Sozialwissenschaften, Ingenieurwissenschaften, Medizin.

Reale Probleme sind interdisziplinär

Der neue BUFI sortiert die Forschungsmaßnahmen nach einem anderen Muster: in welchen Themenfeldern muss Forschung vorankommen. In sechs große Bereiche wird die Forschungspolitik des Bundes gegliedert: Gesundheit und Ernährung, Klima und Energie, Mobilität, Kommunikation, Sicherheit sowie Schlüsseltechnologien.

Nach dieser Matrix ist aber noch keine Universität in Deutschland aufgestellt.

Orientierung an relevanten Zukunftsfragen

Den dicken Sachstandsbericht über die Lage der Forschung in Deutschland legt das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) alle zwei Jahre vor. Die aktuelle Ausgabe für 2014 stellt auf 716 Seiten detailliert dar, wofür Staat und Wirtschaft jährlich 79 Milliarden Euro in Forschung und Entwicklung investieren. Die Hauptpublikation der deutschen Forschung ist aber mehr als pure Buchhaltung. Erkennbar wird jatzt, dass die Politik die Wissenschaftler dazu bewegen will, sich mehr mit den großen und für die Gesellschaft relevanten Forschungsfragen – den „Grand Challenges“ – zu beschäftigen.

Offen ist, ob die Forscher dem folgen werden oder lieber an ihrer persönlichen Wissenschaftsfreiheit festhalten.

Gesellschaftliche Themen

Bei der Vorstellung des BUFI im Mai 2014 ließ Bundesforschungsministerin Johanna Wanka durchblicken, wie die Politik diese Lösungsorientierung der Wissenschaft schmackhaft machen will: durch die Neuformulierung der „Hightech-Strategie“ (HTS) der Bundesregierung bis zum Juli 2014. In ihr werden die zentralen Förderprogramme gebündelt, die die Steuergelder in die Forschung leiten. Waren die HTS-Schwerpunkte der letzten Jahre stark wirtschaftslastig, sollen nun auch mehr zivilgesellschaftliche Themen zum Tragen kommen.

Auch für partizipative Ansätze zur Bürgerbeteiligung an der Wissenschaft könnten damit Türen geöffnet werden.

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3 Gedanken zu “Forschungspolitik:
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  2. In memoriam: Frank Schirrmacher, FAZ-Herausgeber, Journalist und Kapitalismuskritiker, der vor der radikalen Durchökonomisierung der Welt warnte.

    Am 12.06.2014 ist Frank Schirrmacher unerwartet verstorben. Der Radiosender Bayern 2 erinnert mit der Sendung aus dem März 2013 an den großen Intellektuellen. In „Eins zu Eins. Der Talk“ warnte er vor entfesseltem Kapitalismus.

    „Es sind entfesselte Algorithmen in der Finanzwelt, die nach spieltheoretischen Modellen innerhalb von Nanosekunden ständig operieren. Also: Den Gegner bluffen, angreifen, das Gemeinwohl spielt da natürlich überhaupt keine Rolle mehr.“

    2011 erregte der Journalist, der Helmut Kohl bewunderte und gute Beziehungen zur CDU unterhielt, mit einem Artikel in der FAZ Aufsehen, der unter der für Konservative provozierenden Überschrift „Ich beginne zu glauben, dass die Linke recht hat“ seine Verunsicherung angesichts der Finanzmarktkrise artikulierte.

    –>> http://www.br.de/radio/bayern2/sendungen/eins-zu-eins-der-talk/frank-schirrmacher-114.html

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