Viele Schulen waeren ohne den Einsatz von Eltern als Lehrersatzkraefte gar nicht mehr denkbar. Eine aehnliche Entwicklung gibt es in der Forschung. Für das SETI-Projekt, das nach Zeichen ausserirdischen Lebens sucht, stellen immer mehr Privatleute ihre Rechner zur Verfügung. Deren Kapazitaet wird zum Auswerten der Signale aus dem Weltraum herangezogen. Ohne diese Assistenz waere das Projekt gar nicht mehr moeglich.
Das hat weitere Kreise gezogen. In anderen Projekten haben 250 000 „citizen scientists“, so der Terminus, 150 000 Galaxien studiert und klassifiziert. Diese Mammutaufgabe waere weder von Forschern noch von der heutigen Rechnerpower zu bewaeltigen gewesen. Daraus ist das Projekt „Zooniverse“ entstanden.
Laien-Wissenschaftler sind auf allen Gebieten der Forschung unterwegs. Sie haben beispielsweise in mehr als 15 europaeischen Laendern 500 000 Baenderschnecken auf Veraenderungen in Augenschein genommen. Im Foldit-Projekt versuchen sie, hinter die Geheimnisse der Faltungskunst von Proteinen zu kommen. Und im LabUK Projekt zeigten 13 000 Freiwillige, dass viele Denksportaufgaben wenig dazu beitragen, den Kopf fit zu machen.
Darüber berichtete Geo in seiner Ausgabe 03//2012 und verwies auch auf die Plattform der „Citizen Scientists“: www.scistarter.com. Das alles zeigt, dass nicht nur Nicht-Wissenschaftler, also wir Journalisten und Blogger, kenntnisreich über Wissenschaft schreiben, sondern dass auch Nicht-Wissenschafler, Bürger und interessierte Laien, die Arbeit von Wissenschaftlern erledigen koennen.
Die Wissenschaftlichkeit der jeweiligen Tätigkeit hängt eher davon ab, ob jemand die Kriterien der Anwendung oder Forschung kennt und einhalten kann, das spricht gegen den „Laien“-Begriff.
Ob nun lehren und unterrichten wissenschaftlich ist (wenn Fachdidaktik und professionelle Pädagogik im Spiel sind, ja, wenn Elternhilfe oder Irgendwer, dann sicher nein: Das Lernen findet beim Kind und Jugendlichen am Kompetentesten statt, aber nicht wissenschaftlich.)
Was sind dann eigentlich Laien-Wissenschaftler?
Wir haben schon immer sehr viele Privat-Gelehrte, die ihren Interessen folgen, weil sie sich das leisten können, oder weil es ihren Alltag bereichert, aber nach all den Spezifizierungen der Hochschulen und den Ausverkauf an die Berufsbildung (bis zur Elite und zu CHE) bleibt die Wissenschaftlichkeit der Univeritäten jetzt so wie so auf der Strecke …
Na bitte, es funktioniert, lasst die TELI und den deutschen Technik- und Wissenschafts-Journalisten vibrieren :). Jetzt verschieß ich meine letzte Breitseite vor der Mittagsvesper, kurz & knapp:
Der Hamburger Reinhard Kahl, Betreiber eines Netzwerkes für gelingende Schulen, spricht in Geo 03/2012 vom „Bulimie-Lernen“: Lehrstoff vor Prüfungen in sich hineinstopfen — „und ihn mit Ekel wieder herauswürgen“. Lernen dagegen heiße, nach Herodot: „nicht Schiffe beladen, sondern Fackeln entzünden“.
Zu Laien-Wissenschaftlern könnten wir auf der WissensWerten, ESOF oder WCSJ ein tolles Seminar anbieten, so viel Bürger-Forschung sprießt außerhalb der Elfenbeintürme, zugespitzt auf eine steile These, nach Bruno Latour: „No Innovation without Representation?“
Mahlzeit! :))
es gibt Eltern, die Hilfe anbieten.
Lesetraining mit einzelnen Schülern.
Mütter bieten Kochkurse an.
Vater bietet eine Computer-AG an.
Ein Mitglied eines Schachvereins bringt Kindern das Schachspiel bei.
Mütter bieten Bastel- und Spiele-AG an.
Im Nachmittagsbereich betreuen Eltern Sportgruppen.
Aber wollen Sie das als „Lehrerersatz“ einstufen?
Und auf dem Schulsystem herum zu hacken, halte ich auch nicht für sinnig. Es kommt nicht auf das System an, es kommt darauf an, was man daraus macht. Erzögen Eltern ihre Kinder endlich mal wieder, anstatt bei jeder Hausaufgabe, die länger als 5 Minuten dauert, in die Schule zu rennen, würden die Kurzen auch was lernen.
Man darf nie vergessen, dass Kinder i. d. R. zu dumm sind, zu begreifen, wie wichtig Schule ist (ging mir auch nicht anders). Bedauerlicherweise lernt man das erst, wenn man (junger) Erwachsener ist. Dann jedoch was nachzuholen ist schwer bis unmöglich.
“Wir wollen mitbestimmen, welche Medikamente wir zu uns nehmen” ist ein uralter Hut und wird schon ewig mit Betroffenen gemacht. Beispielsweise MS. Wenn dort neue Medis auf den Markt kommen, wird das mit den Patienten, die mitmachen wollen durchgesprochen.
Die Nichtberechtigung der Mitsprache, bezieht sich in aller Regel auf Medis, die allgemein und an gesunden getestet werden (sollen).
Wunderbar — endlich einmal eine Debatte! Wer heutzutage Kinder hat, weiß, was damit gemeint ist: Eltern müssen für die Sklerose unseres aus Bismarckschen Ur-Zeiten stammenden Schulsystems büßen und daheim mit Bordmitteln die Schwächen des Unterrichts ausgleichen und zupflastern. Hinzu kommt, dass in Deutschland die Elfenbeintürme immer noch ziemlich unangefochten sind, obwohl sie nur ***eine*** Art von Wissen generieren. Das Alltags-Wissen und die Alltags-Wissenschaft wirkt hier oft als korrigierender, inkludierender Faktor im Forschungsprozess. Beispiel: Arzneimittelforschung für Senioren — jetzt im EU Jahr 2012 für Aktives Altern ein Themenschwerpunkt. „Wir wollen mitbestimmen, welche Medikamente wir zu uns nehmen“, haben die älteren Herrschaften gesagt — und sich bei einigen Pharmazieherstellern damit durchgesetzt. Scientific Citizens at their best — mehr dazu bei „Science in Society“ auf den entsprechenden EU-Plattformen.
Was ist das denn für eine Behauptung im ersten Satz, dass Eltern als Lehrer eingesetzt würden? Das ist in allen Bundesländern verboten – genauso, wie es verboten ist, Homelearning in Deutschland einzusetzen.
Und den letzten Satz finde ich schon ziemlich weit gegriffen. Nur weil „Bürger“ Zuarbeiten verrichten (wie es auch Praktikaten ohne Ausbildung können), kann man wohl kaum von „Wissenschaftlicher Arbeit verrichten“ sprechen.